Guten
Morgen. Manchmal
laufen meine Gedanken einfach durcheinander in meinem Hirn als wollten sie
miteinander fangen spielen – leider oft schon
vor dem Frühstück.
Und manchmal entwickelt sich
auch ein Gedanke nach dem anderen oder die durcheinanderlaufenden verbinden sich
mit etwas, das ich mal gelesen oder gelernt habe. Und am Ende stehe ich
staunend vor einer neuen Erkenntnis.
Ich glaube, so ging es auch dem
katholischen Theologen und Philosophen Thomas von Aquin, der heute vor 750
Jahren gestorben ist. Er hat viel über Gott nachgedacht. So hat er Gott als „unbewegten
Beweger“ bezeichnet. Ähnlich wie vorher auch der griechische Philosoph Aristoteles,
dessen Schriften er gerne gelesen hat.
Als Pfarrerin frage ich mich natürlich,
wie ich heute angemessen von Gott sprechen kann.
Was ist Wahrheit? Auch über
diese Frage hat Thomas von Aquin intensiv nachgedacht. Jetzt könnte man
vermuten, dass er seine Antwort ganz kompliziert formuliert hat. Ja, natürlich,
denn die Frage ist ja auch nicht ganz leicht zu beantworten. Aber Thomas von
Aquin hat alles auch in einem kurzen Satz auf den Punkt gebracht: „Wahrheit ist die Übereinstimmung zwischen dem, was wir
denken, und dem, was ist.“ Klar, oder? „Wahrheit ist die Übereinstimmung
zwischen dem, was wir denken, und dem, was ist.“
Toll, finde ich diese Antwort.
Denn wie oft höre ich Anderes: Fake News sagt man heute dann dazu. Oder
Halbwahrheiten. Menschen behaupten etwas und sagen, dass es wahr sei. Dabei ist
es glatt gelogen. Oder sie denken nur, dass es wahr sei, überprüfen es aber
nicht an der Realität und verbreiten es mit Schwung. Manche haben das, was sie
sagen, nicht genauer durchdacht. Thomas von Aquin sagt: Guck die Wirklichkeit
an, nicht nur das, was Du gerne hättest. Oder das, wovon Du träumst. Oder das,
wovor Du Angst hast. Nein, guck die Wirklichkeit an.
Ich persönlich ertappe mich
immer wieder, dass ich etwas meine oder für wahr halte, obwohl die Wirklichkeit
eine andere ist. Neulich noch, da spielten meine Gedanken wieder einmal fangen
in meinem Kopf, und ich glaube, es waren auch ein paar Ängste mit unterwegs. Ich
fühlte mich zurückgesetzt, weil ich auf eine E-Mail keine Antwort bekommen
habe. Habe ich was falsch gemacht? Hätte ich anders formulieren müssen?
Fangenspielen der Gedanken in meinem Kopf. Überflüssig. Denn die Wirklichkeit
war diese: Da hatte jemand meine E-Mail einfach nur übersehen und deshalb nicht
geantwortet. Meine Nachfrage am Telefon hat alles geklärt. So habe ich meine
Gedankenspirale unterbrochen und mich entschieden, den Realitätscheck zu machen.
Thomas von Aquin hat mir und
uns allen dieses tolle Instrument zur Selbstdiagnose an die Hand gegeben.
Überprüfe, ob Denken und Realität übereinstimmen. (1)
Auch bei meinem Fragen nach
Gott hilft mir Thomas von Aquin. Er sagt: Es ist nicht gegen die Vernunft an
Gott zu glauben. Ich muss meinen Verstand nicht an der Garderobe abgeben, wenn
ich mich entscheide, Gott zu vertrauen und mich Gott anzuvertrauen. Ich kann selbständig
denken und wie Thomas von Aquin in tiefster Ehrfurcht mit den Worten der
Psalmen beten:
Gott, du erforschst mich und
kennst mich. (…)
prüfe mich und erkenne, wie
ich’s meine.
Sieh, ob ich auf bösem Wege
bin, und leite mich auf ewigem Wege. Amen.
Einen Tag mit guten
Erkenntnissen wünscht Ihnen
Gerlinde Anders, Schulpfarrerin
in Leverkusen.
Quellen:
1 vgl.
https://www.perlentaucher.de/buch/thomas-von-aquin/quaestiones-disputatae.html, letzter Zugriff am
1.1.2024.
Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze
https://www.kirche-im-wdr.de/uploads/tx_krrprogram/63466_WDR35240307Anders.mp3