Feminismus intersektional

Kirche in WDR2 | 08.03.2024 | 00:00 Uhr

Autorin:

Stell dir vor deinem inneren Auge eine

Straßenkreuzung vor. Aus verschiedenen Richtungen laufen die Straßen auf eine

Mitte zu. Auf dieser Kreuzung sitzt eine schwarze Frau. Die Straßen stehen für

unterschiedliche Diskriminierungsformen, von denen sie gleichzeitig betroffen

ist. Dieses Bild ist eine Beschreibung von Intersektionalität. Intersection

bedeutet Kreuzung. So erklärt die Juristin Kimberlé Crenshaw, dass sich

verschiedene Diskriminierungen wie Rassismus und Sexismus überschneiden wie

Straßenkreuzungen. Die Frau auf der Kreuzung erlebt Diskriminierung gleich

mehrfach: weil sie Frau ist und weil sie schwarz ist. Feminismus, so Crenshaws Anliegen,

muss deshalb weit, nämlich intersektional gedacht werden.

O-Ton:

Das Entscheidende

ist, dass Intersektionalität nicht nur die weiße mittelständische Frau ins

Zentrum stellt, sondern sich in Erinnerung ruft, dass es ganz unterschiedliche

Biografien von Frauen gibt.

Autorin:

sagt

Alena Höfer. Als Theologin arbeitet in der Evangelischen Kirche von Westfalen und

beschäftigt sich mit intersektionalem Feminismus. Mit diesem sensiblen Blick

schaut sie auch auf biblische Figuren. Zum Beispiel Rahab. In einer Geschichte

hilft Rahab israelischen Kundschaftern, aus der Stadt Jericho zu fliehen. Sie

ist eine Fremde. Und eine Prostituierte.

O-Ton:

…An dieser

Biografie sehen wir, dass sie von unterschiedlichen Diskriminierungsformen

gleichzeitig betroffen gewesen sein muss, z.B. von Rassismus bzw.

Fremdenfeindlichkeit, von Klassismus, weil sie eine Prostituierte war und damit

unten in der Gesellschaft gestanden hat, und eben auch, weil sie eine Frau

war.

Autorin:

Rahab muss damals eine große Bedeutung

gehabt haben, denn sie kommt sogar im Stammbaum von Jesus vor. Ungewöhnlich, weil

biblische Stammbäume sonst nur männliche Namen nennen. Ungewöhnlich auch, weil

Rahab als Fremde und Prostituierte eine Frau am Rand der Gesellschaft gewesen

sein muss.

O-Ton

Rahab zu betrachten, bedeutet für mich heute, unterschiedliche Menschen in den

Blick zu nehmen und sich immer wieder darauf zu besinnen: Es gibt nicht nur

meine Realität, sondern es gibt daneben noch viele andere Realitäten,

christlich sein heißt eben, diesen Plural ernst zu nehmen.

Autorin:

So Alena Höfer. Heute, am internationalen Frauentag, will ich genau diesen

Plural wahrnehmen. Denn die Gleichberechtigung von Frauen kann nur

funktionieren, wenn man auch gegen Rassismus, Sexismus, Klassismus und andere

Diskriminierungen kämpft. In diesem Sinne: Einen fröhlichen intersektionalen

Frauentag!

Weitere Informationen:

8. März: Internationaler Frauentag | Hintergrund aktuell |

bpb.de

Kimberle W. Crenshaw |

Columbia Law School

Intersektionalität – Deutscher Frauenring

(deutscher-frauenring.de)

Redaktion: Landespfarrer Dr. Titus Reinmuth

https://www.kirche-im-wdr.de/uploads/tx_krrprogram/63469_WDR2240308NRichter.mp3

  • 8.3.2024
  • Nicole Richter
  • © CCO Pixabay
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